Empa

Infrarotlicht gegen resistente Keime

Empa-Forscher haben gemeinsam mit tschechischen Wissenschaftlern eine Kunststoffbeschichtung entwickelt, deren keimtötende Wirkung mittels Infrarotlicht immer wieder aufs Neue aktiviert werden kann. Eine erste Anwendung wird derzeit für die Zahnmedizin umgesetzt.

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Die immer stärkere Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien und neu auftretender Viren gilt als eine der größten Bedrohung auf der ganzen Welt. Neue Strategien für ihre Bekämpfung sind dringend erforderlich. Daher arbeiten Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA an neuen Technologien und Materialien für Oberflächen, die ständig mit Infektionserregern in Kontakt kommen, beispielsweise in Krankenhäusern.

Ein interdisziplinäres Forscherteam aus drei Empa-Laboren und von der Palacký-Universität Olomouc (CZ) hat nun eine umweltfreundliche und bioverträgliche Kunststoff-Oberflächenbeschichtung entwickelt, die Keime zuverlässig lokal und schnell abtötet. Diese Wirkung lässt sich immer wieder aufs Neue durch die Bestrahlung mit Nahinfrarotlicht aktivieren.

Für die Beschichtung wurde ein Grundgerüst aus dem bioverträglichen Kunststoff Polyvinylalkohol verwendet, der bereits in der Lebensmittelmittelindustrie eingesetzt wird. Eingebettet in diese Matrix ist eigens synthetisierte Graphensäure, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften bestens als antimikrobielle Beschichtung geeignet ist. Wird das Kompositmaterial mit Nahinfrarotlicht bestrahlt, absorbiert es die Energie des Infrarotlichts und wandelt sie in keimtötende Hitze um. Außerdem wird die Bildung von Sauerstoffradikalen angeregt, die den Krankheitserregern zusätzlich schaden.

Diese Strategie unterscheidet sich laut den Forschern komplett von den Wirkmechanismen herkömmlicher Antibiotika. Damit bietet das Material einen kontinuierlichen Schutz gegen ein breites Spektrum von Mikroorganismen, ohne zur Resistenzbildung beizutragen. „Unsere Laborexperimente konnten die Wirksamkeit des antimikrobiellen Materials gegen verschiedene Bakterien und Viren klar bestätigen“, so Empa-Forscher Giocomo Reina vom Nanomaterials in Health-Labor in St. Gallen.

Eine erste Anwendung für die antimikrobielle Beschichtung wird derzeit für die Zahnmedizin entwickelt. Hierzu arbeiten Empa-Forscher gemeinsam mit dem Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich an einer Zahnschiene, die Mikroorganismen in der Mundhöhle abtötet. Antibiotika und Desinfektionsmittel haben kaum eine Chance gegen die komplexen Bakteriengemeinschaften, die sich in einem widerstandsfähigen Biofilm in unzugänglichen Nischen verstecken. Die Keime können nicht nur die Zähne angreifen, sondern auch zu ausgedehnten Infektionen im Körper führen.

Das interdisziplinäre Team um Reina entwickelt daher eine Kunststoffschiene, in die Nanomaterialien wie Graphensäure stabil integriert werden. Die Schiene wird in der Mundhöhle platziert, ihre Beschichtung durch eine Lichtquelle von außen aktiviert. Das ist möglich, weil Nahinfrarotlicht einige Zentimeter tief ins Gewebe eindringen kann, und kann bei Bedarf mehrmals wiederholt werden.

Das Projekt wird finanziert durch Mittel der Eduard Aeberhardt-Stiftung und einer weiteren Stiftung.

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